BLAULICHT 1 1
Travemünde 20.06.2009
Fährpreis-Demo: Versammlung und weitere Aktionen geplant
Die Fährpreis-Demonstranten um Wolfgang Hovestädt haben am Samstagvormittag wie angekündigt eine Unterschriftenaktion vor dem Rosenhof gestartet. Zu den befürchteten Verkehrsbehinderungen kam es nicht.
Immerhin rund 200 Unterschriften kamen zusammen, bevor der einsetzende Regen die Leute vertrieb. Das seien mehr, als er erwartet hätte, meinte Wolfgang Hovestädt. Weitere Unterschriften würden im Rosenhof gesammelt, in den Schulen, Geschäften und dem Krankenhaus. 500 bis 600 werde man wohl zusammenbekommen.
In einer Resolution fordern die Priwaller freie Fährbeförderung für die Fußgänger mit erstem Wohnsitz auf dem Priwall sowie halben Preis für die Autojahreskarte, ebenfalls für Priwaller mit erstem Wohnsitz auf der Halbinsel.
Zu dem hin und her bei der Zusammenarbeit der verschiedenen Aktionsgruppen (TA berichtete) erklärte Wolfgang Hovestädt auf Nachfrage: »Ich weiß nicht mehr, wer jetzt mit wem zusammenarbeitet. Ich weiß nur, dass die Wochenendhausbesitzer sich jetzt von uns abgelöst haben. Das heißt, wir kämpfen jetzt für uns alleine wir Priwaller, und das ist doch eigentlich das was ich wollte.«
Für den 3. Juli ist eine Versammlung geplant, wo über das weitere Vorgehen gesprochen werden soll. Und am 11. Juli kommt dann ja ein Kreuzfahrt-Schiff, wo eine Aktion angedacht ist. TA
So argumentieren die Priwaller:
Resolution der Priwaller zu den Fährpreisen
I. Was wir fordern:
- Keine Benachteiligung gegenüber den anderen Lübecker Bürgern beim »ungehinderten Zugang zum eigenen Zuhause und zur allgemeinen gemeindlichen Infrastruktur«
- Freie Fährbeförderung für die Fußgänger mit erstem Wohnsitz auf dem Priwall
- Halber Preis für die Autojahreskarte für Priwaller mit erstem Wohnsitz
Begründung:
(1) Priwaller sind Bürger des Ortsteils Travemünde in der Gemeinde Lübeck; als solchen muss ihnen die Möglichkeit gegeben sein, ihre gemeindlichen Einrichtungen (öffentliche Einrichtungen und die privatwirtschaftliche Infrastruktur, wie Einkaufseinrichtungen mit Standardbedarf, Ärzte, Post, Bank) mit zumutbarem Aufwand, teils fußläufig, aber auch mittels eines privaten Pkw zu erreichen. Seine Wohnung per Pkw erreichen zu können, stellt im Jahr 2009 definitiv keinen Luxusstandard dar, sondern gehört zur Grundausstattung mit den Mitteln der öffentlichen Daseinsfürsorge.
(2) Die Bewohner des Priwall haben wie alle anderen Bürger Lübecks einen Anspruch auf eine angemessene straßenverkehrliche Anbindung innerhalb ihrer Gemeinde. So wie jeder Haushalt einen Anspruch auf gleichen Zugang zu der gemeindlichen Grundversorgung mit Strom, Wasser, Abwasser und Gas hat, so muss auch die Erreichbarkeit der Wohnung innerhalb des Gemeindegebietes in ohne weiteres zumutbarer Weise gewährleistet sein.
(3) Es muss das Ziel der Stadt Lübeck sein, den Priwall sowohl für die Bewohner als Wohnort zu erhalten, als auch für den Tourismus zu attraktiven Konditionen zugänglich zu machen. Das weitere Drehen an der Preisschraube wird die Fahrgastzahlen weiter nach unten drücken und dann zu neuen Preisrunden führen. Wir fragen besorgt: Wohin soll das führen – wo soll das enden??
(4) Die Fährpreispolitik der Stadt Lübeck bewirkt schon heute, dass der Priwall als Wohnstandort unattraktiv wird. Damit einher gehen wachsende Leerstände von Mietwohnungen, nicht Verkaufbaren leeren Baugrundstücken und ein empfindlicher Wertverlust aller Wohngrundstücke auf dem Priwall. Dies hat die Wirkung eines enteignenden Eingriffs. Auch hier kann es nicht sein, dass die Stadt durch die Nichtwahrnehmung ihrer Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge einen ganzen Ortsteil sehenden Auges in eine negative Entwicklung treibt. Dies steht im krassen Gegensatz zum immer wieder erklärten Ziel der Stadt, den Priwall hochwertig städtebaulich zu entwickeln.
(5) Zumindest die Altbewohner des Priwall können für sich auch einen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, dass ihnen nach den langen Jahren der Fährpreisfreiheit keine unzumutbaren Fährpreise auferlegt werden.
(6) Es gibt eine Vielzahl von Priwallbewohnern, wie auch auf dem Priwall Beschäftigten, für die ein Jahreskartenpreis von 450 € wie zur Zeit, und 650 € ab dem 1. Januar des nächsten Jahres, rein wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist, bzw. eine Arbeit auf dem Priwall nicht mehr rentabel sein lässt. Es gibt zudem Familien, die darauf angewiesen sind, zwei Autos zu halten, da sie beide berufstätig sind und auch sein wollen, oder sein müssen! Diese werden durch die extra verteuerte übertragbare Jahreskarte besonders nachteilig getroffen.
(7) Die Stadt muss berücksichtigen, dass die Priwaller nicht nur für ihre eigene Jahreskarte zahlen müssen. Hinzu kommen diverse Fährpreiszahlungen z.B. für Handwerker und andere Dienstleister, die auf den Priwall kommen und diese dann dem Bewohner in Rechnung stellen.
(8) Subventionen innerhalb des Stadtverkehrs sind als Mittel des sozialen Ausgleichs üblich und geboten. Die vom Stadtzentrum entfernt wohnenden Einwohner Lübecks werden auch in anderen Bereichen von den zentrumsnah wohnenden Einwohnern quersubventioniert (Tarif der Zone 3 ist nicht kostendeckend, sondern wird durch die in den Zonen eins und zwei generierten Einkünfte solidarisch gestützt).
(9) Die Priwaller als kleine Einwohnergruppe (0,75 %) der Hansestadt Lübeck verlangen ihr Recht auf solidarische Unterstützung durch die übrigen 99,25 % der Bewohner Lübecks.