MARITIMES
Travemünde 31.08.2008
Ausgequalmt!?
Ersetzen Landstrom und Flüssiggas langfristig das umstrittene Schweröl als Schiffsantrieb?
Immer wieder hört man in Travemünde die Geschichten von Menschen, die nachmittags ihre Wäsche auf die Leine hängen und dann gleich wieder in die Waschmaschine tun können: Die Russpartikel der Schiffe sorgen schon lange für Ärger. Jetzt ist ein erster Schritt getan.
Die »TransPaper« am Lübecker Nordlandkai konnte am 21. August ihren Motor ausmachen: Zum ersten Mal im modernen Europa wurde ein Schiff mit Landstrom versorgt. Für die Anwohner bedeutet das saubere Luft und weniger Lärm. Weitere Steckdosen für Schiffe sollen folgen. Als einen beispielhaften Beitrag zum Klimaschutz hat die Landesregierung die erste deutsche Landstromversorgung für Handelsschiffe bezeichnet. »Schleswig-Holstein mit seiner ausgeprägten Hafenstruktur will Vorreiter sein für einen sauberen Seeverkehr«, sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen bei der Inbetriebnahme des von den Lübecker Stadtwerken entwickelten Landstromanschlusses. Bisher lassen Schiffe in den Häfen für die Energieversorgung ihre mit Schweröl betriebenen Schiffsmotoren laufen und sorgen so für eine starke Belastung durch Schwefel- und Kohlendioxid-Emissionen im Hafenbereich. Dies sei für eine Region, die von gesundem Klima lebe, eine ernst zu nehmende Belastung, so Carstensen. Bürgermeister Bernd Saxe ergänzte, dass bei über einer Million Übernachtungsgäste im Jahr natürlich auch an den Tourismus gedacht werden müsse.
»Schiffe an die Steckdose« kann aber nur ein erster Schritt sein: Nicht alle Schiffe nutzten Landstrom, und selbst wenn, beseitigt das nur 40 Prozent des Problems. Das »Baltic Energy Forum«, dessen Vorsitzender aus Travemüde stammt, setzt sich für Flüssiggas als neuen Treibstoff für Schiffe ein. Das Liquid National Gas (LNG) wird bei Minus 163 Grad verflüssigt. So könnten Schiffe mit Erdgas fahren, genau wie das Autos tun. Dafür bracht es aber zunächst ein entsprechendes Tankstellen-Netz in den Ostsee-Häfen. Im Hafen von Swinemünde (Polen) ist bereits ein großes Flüssiggas-Überseeterminal geplant. Weiter sollen Gasstationen in Travemünde, Stockholm, Helsinki, Göteborg und Bergen entstehen. Das Schiffsgas-Terminal in Travemünde wäre das erste in Deutschland. Am 4. Dezember werden im Lübecker Rathaus die Projekt-Ergebnisse Vertretern internationaler Verkehrhäfen, Hafenstädten und Reedern vorgestellt.
Vielleicht wird die gute Seeluft dann in einigen Jahren noch ein bisschen gesünder. Und die Anwohner in Hafennähe können sorgenfrei ihre Wäsche aufhängen… VG/TA
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