WIRTSCHAFT 2 35
Travemünde 16.01.2018
VNW fordert Hochhäuser gegen Wohnungsnot
Der Bau von Hochhäusern mit bezahlbaren Wohnungen kann nach den Worten von Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), helfen, die Wohnungsnot in besonders nachgefragten Städten zu mindern. »Ich plädiere im Norden für eine Renaissance des Hochhauses«, sagte Breitner am Dienstag zum Auftakt des 21. VNW-Managementforums in Travemünde.
»Nicht für 30-stöckige Wolkenkratzer, aber wäre es nicht sinnvoll, mehr als bisher zehn- oder zwölfstöckige Gebäude zu errichten? Gerade in den besonders nachgefragten Städten könnte so auf dem knapper werdenden Baugrund mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Ich fordere daher Länder und Kommunen im Norden auf, die baurechtlichen und -planerischen Voraussetzungen zu schaffen, um den Bau von Hochhäusern stärker zu unterstützen.«
Breitner würdigte den Umstand, dass der Bau bezahlbarer Wohnungen in der Politik inzwischen eine hohe Priorität genießt. Allerdings stießen ehrgeizige Wohnungsbauziele nicht bei jedem auf Zustimmung. »So mancher, der heute schon in der Stadt wohnt, sorgt sich um den Verlust von Grünflächen«, sagte Breitner. Hochhäuser könnten den Flächenbedarf reduzieren. »Höhere Gebäude wären zudem nachhaltiger, weil keine neuen Straßen, Bahnhöfe oder andere Infrastruktur gebaut werden müssten.«
Der VNW-Direktor verwies auf den aktuellen Boom beim Bau von Hochhäusern in Deutschland. »Bis zum Jahr 2022 sollen fast 100 davon mit rund 18.400 Wohnungen errichtet werden. Das Problem besteht darin: diese Hochhäuser werden wohl allesamt Luxuswohnungen beherbergen. Warum nur in diesem Preissegment? Warum nicht im Drittelmix?«, fragte Breitner.
Dem VNW-Direktor geht es bei seinem Vorschlag nicht um anonyme Hochhausstädte, wie sie derzeit in viele Metropolen Asiens entstehen. »Gerade die VNW-Verbandsunternehmen legen Wert auf Nachhaltigkeit«, sagte Breitner. »In ihren Wohnungen sollen auch in 30 oder 40 Jahren die Menschen noch gern leben wollen. Und ich weiß auch um die höheren Kosten, weil beispielsweise Brandschutzauflagen für derartige Gebäude mächtig ins Geld gehen.«
Aber eine Frage brenne allen, die sich mit dem Thema beschäftigen, auf den Nägeln: »Wie kann in angesagten Städten wie Hamburg, Kiel, Lübeck oder Rostock auch künftig ausreichend bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, ohne dass diese Städte ihre besondere Ausstrahlung und ihren Lebenswert verlieren?«, sagte Breitner.
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) veranstaltet am 16. und 17. Januar 2018 in Travemünde sein 21. Managementforum. Unter dem Motto »Digital. Menschlich. Wertvoll.« treffen sich mehr als 200 Führungskräfte der norddeutschen Wohnungswirtschaft zu einem zweitägigen Erfahrungsaustausch. Zudem sind mehrere Vorträge geplant.
Unter dem Titel »Inventur Europa« wird der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Professor Dr. Dr. Udo Di Fabio, zu aktuellen Entwicklungen in der Staatengemeinschaft sprechen. Joost Nieuwenhuijzen vom European Federation for Living in Amsterdam referiert über die »Chancen durch die Internationalisierung der Wohnungswirtschaft«. Michael Deeg von der Hamburger Beratungsgesellschaft Analyse & Konzepte stellt die Ergebnisse der VNW/VdW-Studie »Digitale Agenda 2025« vor. Auf dem Programm steht zudem ein Vortrag Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer sowie Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, zum Thema »Stadt der Zukunft«. Der Freiburger Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen geht in seinem Vortrag der Frage nach »Wer wird morgen in den Immobilien von heute wohnen?« PM VNW
Fotos Karl Erhard Vögele