POLITIK
Travemünde 16.01.2009
OrtsBeirat fordern oder warten?
Nach umfangreicher Diskussion soll zunächst eine Arbeitsgruppe Argumente sammeln
Um einen weiteren Vorstoß in der Bürgerschaft, einen OrtsBeirat für Travemünde zu bekommen, ging es in der Januar-Sitzung des Travemünder Ortsrates. Carl Howe (GRÜNE) erläuterte eingangs noch einmal seinen Antrag, den er schon auf der Dezember-Sitzung formuliert hatte. Da hatte er den Antrag gestellt, dass die im Ortsrat vertretenen Parteien aus CDU, SPD, FDP, Linken und GRÜNEN in ihren Fraktionen darauf hinwirken, dass in Travemünde ein OrtsBeirat gegründet wird. Die Bürgerschaft soll das dann beschließen.
Der Antrag, erläuterte Howe (GRÜNE), sei vor Jahren schon einmal in der Bürgerschaft gestellt worden, aber leider durchgefallen. Nun sollen also die Ortsrats-Mitglieder in ihren eigenen Fraktionen Überzeugungsarbeit leisten für die Gründung eines OrtsBeirates. »Der Ortsrat ist kein offizielles Gremium. Der Ortsbeirat ist ein offizielles Gremium«, betonte Howe. »Wir reden in Travemünde seit Jahren darüber, dass wir einen Ortsbeirat haben wollen.« Herr Schapke (SPD) hätte ja letztes Mal zu Protokoll gegeben, was der Ortsrat die Stadt gekostet hat. Howe: »Ich denke nicht, dass die Stadt in die Knie gehen wird, wenn sie für einen Ortsrat zwanzigtausend oder fünfundzwanzigtausend Euro im Jahr bezahlen muss. Und ich finde, es steht uns gut zu Gesicht, dass wir fordern, dass wir einen Ortsbeirat haben wollen. Weil das ein offizielles Gremium ist.« Ein offizielles Gremium sei immer schwergewichtiger als ein freiwillig gegründetes. Howe bat darum, dass nun über seinen Antrag abgestimmt werde und alle gemeinsam einen OrtsBeirat von der Stadt fordern.
Karl Erhard Vögele (FDP) begrüßte den Vorschlag, regte aber an, man solle sich noch einmal kurz zusammensetzen, um eine Begründung für den OrtsBeirat Travemünde zu formulieren. Er verwies auf die Gegen-Argumente, die bei so einem Antrag zwangsläufig kommen werden: Dass dann alle Stadtteile einen OrtsBeirat haben wollen und dass der OrtsBeirat die Stadt zuviel koste. »Man muss dann aber auch dagegen halten können, dass Entscheidungen, die aufgrund der fehlenden Ortsnähe nicht gut sind in der Bürgerschaft, vielleicht sogar noch mehr kosten.« Diejenigen, die in den eigenen Fraktionen für den Ortsbeirat werben, sollten also argumentativ noch etwas aufgerüstet werden. Etwa, dass es für die Stadtteile Kücknitz, Moisling und Travemünde für die Hansestadt Lübeck ein ganz guter Einstieg sei, das Instrument OrtsBeirat zu testen. Moisling und Travemünde seien von der soziologischen Struktur, der Wirtschaft und so weiter, politisch abgrenzbare Gebiete. Diese Stadtteile hätten es also relativ leicht, bessere Entscheidungen in die Bürgerschaft zu tragen als das ohne OrtsBeirat möglich wäre. Vögele regte an, dass ein Arbeitskreis diese Argumente zusammenträgt, was später auch im Ortsrat angenommen wurde.
Jens Öhlckers (CDU) erklärte, wer im Ortsrat mitarbeite, arbeite doch auch im Sinne der Satzung. Und in der Satzung sei der Antrag der GRÜNEN doch enthalten.»Im Augenblick halte ich diesen Antrag für nicht unbedingt zeitgemäß, denn in Lübeck ist real kein Geld und alles was Geld kostet, wird in Lübeck nicht durchgehen«, meinte Öhlckers. Er würde es außerdem für einen »absoluten Witz« halten, im Ortsrat darüber abzustimmen, dass man sich dafür einsetzt, ein Ortsbeirat zu werden. »Denn unsere Satzung gibt das her, dass sie sagt, der Ortsrat ist bemüht, wenn die Umstände es zulassen, in einen OrtsBeirat umgewandelt zu werden.« In einem Jahr könne man es aber noch mal versuchen.
Gisela Panther-Pätow (SPD) erklärte, es seien ja bereits Anträge gestellt worden, die abgelehnt worden sind. Sie sehe zur Zeit absolut keine reelle Chance für einen Ortsbeirat Travemünde. Jedenfalls nicht vor der nächsten Kommunalwahl, wenn sich Mehrheitsverhältnisse ändern.
Karl Erhard Vögele (FDP) erklärte noch einmal, was ein OrtsBeirat ist: »Ein OrtsBeirat ist eine Einrichtung nach der Gemeindeordnung. Ein OrtsBeirat muss in einer Reihe von 12 bis 14 verschiedenen Dingen von der Verwaltung unterrichtet werden. Jetzt müssen wir hin und fragen, ob sie so gnädig ist, und uns informiert. Wir haben ein Antragsrecht, wir können die Bürgerschaft zwingen, über bestimmte Dinge abzustimmen.« Als Ortsrat könne man das zur Zeit nicht, sondern sei darauf angewiesen, das die Themen innerhalb der Fraktion umgesetzt werden, und ob die Bürgerschaft dann darüber abstimmt oder nicht, sei dann noch eine ganz andere Frage. Wenn dagegen ein OrtsBeirat etwas beschließe, dann müsse das behandelt werden, und man hätte sehr viel mehr Rechte gegenüber dem, was in der Bürgerschaft über Travemünde beschlossen würde. »Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass es hier jemanden gibt, der sagt, ich verzichte auf diese Rechte«, appellierte er. Gerade daran, dass die in Lübeck nicht wollten, dass Travemünde einen OrtsBeirat bekommt, würde man doch sehen, dass die Travemünder den Lübeckern dann ganz schön in die Suppe spucken. »Wir sind in Lübeck ein Ein-Prozent-Problem«, sagte Vögele. Er wolle, dass die Travemünder über ihre Belange über die gewählten Parteien demokratisch abstimmen können. Mit einem OrtsBeirat würden die demokratischen Rollen neu verteilt. Das sei eine andere Verteilung von Macht und Einfluss, und zwar zugunsten von Travemünde. »Ich finde, es lohnt sich, dafür zu kämpfen.«
Bei der Abstimmung gab es bei einigen Ortsrats-Mitgliedern Verwirrung: Nur wenige Hände gingen bei JA in die Höhe, NEIN-Stimmen gab es nicht, aber jede Menge Enthaltungen. Laut Satzung gelten im Travemünder Ortsrat Enthaltungen als NEIN. Das ist ungewöhnlich, sollte schon einmal geändert werden, wurde aber nicht. Nicht alle Ortsrats-Mitglieder waren über diesen Punkt auf dem Laufenden.
Nun wird erst einmal ein Arbeitskreis das Thema Ortsrat/OrtsBeirat aufarbeiten, um die rechtlichen Grundlagen sowie die Vor- und Nachteile, die für einen OrtsBeirat in Travemünde sprechen. TA
(1) Der Ortsbeirat ist über alle wichtigen Angelegenheiten, die den Ortsteil betreffen, zu unterrichten. Die Geschäftsordnung bestimmt die Art der Unterrichtung. Der Ortsbeirat kann in Angelegenheiten, die den Ortsteil betreffen, Anträge an die Gemeindevertretung stellen: Die oder der Vorsitzende des Ortsbeirats kann an der Sitzung eines Ausschusses teilnehmen, wenn der Ausschuss einen Antrag des Ortsbeirats behandelt; der oder dem Vorsitzenden des Ortsbeirats ist auf Wunsch das Wort zu erteilen.
1 http://www.travemuende-ortsrat.de